ReferenzBibliothek
Offenes Netzwerk als Work-in-Progress.
Open Lab der ReferenzBibliothek zu Kunst im öffentlichen Raum Hamburg
Frühjahr 2025: Beginn das Open Lab zum Aufbau einer ReferenzBibliothek zur Entwicklung von Kunst in öffentlichen Räumen Hamburgs. Ausgangort der Bestandsaufnahme ist der von Kunst- und Kulturproduzent:innen betriebene Off-Space hinterconti in Hamburg-St. Pauli. Die Wände des Ausstellungsraums im hinterconti werden von den Gastgeber:innen der ReferenzBibliothek Dörte Habighorst, Thesea Rigou Efstathopoulos, Malin Kuht und Sarah Savalanpour zur Kartierungszone des Open Lab erklärt. Als die Recherchen mit ersten Zetteln, Positionsbestimmungen und Verbindungsfäden anlaufen, sind sie noch weitgehend leer. Doch zieht die Vernetzung zwischen den Akteur:innen aus verschiedenen Hamburger Kunstszenen und -epochen schnell immer größere Kreise. Künstler:innen und Kulturschaffende kommen vorbei, tauschen sich aus, geben Hinweise, teilen Informationen und Erinnerungen, holen Freund:innen und Mitstreiter:innen herbei, bringen Material mit. Aufnahmegerät und Scanner stehen bereit. In Kisten auf dem Fußboden und auf Ablagen häufen sich Kataloge, Einladungskarten, Flyer und andere Dokumente, die zeigen: Noch vor Beginn des städtischen Programms für Kunst im öffentlichen Raum 1981 verdichtet sich in Hamburg ab den 1970er-Jahren schon ein vielspuriges Geflecht aus Künstler:innen, Kollektiven und Aktionsbündnissen in multiplen Aufbruchsbewegungen, die „raus aus dem Gedachten“ (Hilka Nordhausen) springen und direkt ins urbane Leben der Stadt eingreifen, es mitgestalten, sich dabei ständig neu erfinden und immer weitergehen.
Aus ersten Bezugspunkten an der hinterconti-Wand bildet sich über wenige Wochen ein entsprechend reichverästletes Netzwerk der Personen, Gruppen, Stationen, Orte, Thesen und Inhalte, lose verbunden durch einen Zeitstrahl mit Verzweigungen, die die Chronologie und Gleichzeitigkeit der vielen miteinander verwickelten Ereignisse vor Augen führt und greifbar macht. Es zeigt sich, dass Geschichte und Gegenwart von Hamburgs Kunst in öffentlichen Räumen aus einer Fülle von Narrativen, Handlungssträngen und Initiativen mehrerer Generationen und Zusammenschlüsse Hamburger Kunstschaffender hervorgegangen ist und in die Zukunft getragen wird: ein immer weiter wachsendes rhizomatisches Geflecht der Gedanken, Aktionen, Produktionen, Performances, Öffentlichkeiten und Räume für und durch die Kunst und ihrer Protagonist:innen, die sich gegenseitig anschieben, inspirieren und in die nächste Umdrehung katapultieren. Im kollektiven, sich ständig transformierenden Bild, das sich zunächst über die Wände des hinterconti ausbreitete und sich künftig weit darüber hinaus erstrecken wird, gibt sich die große Kraft der Kunst zu erkennen, die urbane Kultur von innen her tiefgreifend und nachhaltig zu verändern: raus dem Gedachten und voll rein in die politischen Wirklichkeiten der weiterhin wandlungsbedürftigen Gesellschaft. Das Open Lab bleibt ein offener Prozess: ein Work-in-Progress, das im Fluss, den Flüssen der Zeit parallel zu der künstlerischen Praxis der Vielen fortgeschrieben wird…
Text von Belinda Grace Gardner
Fotos von Anne Linke